EFT & NARM: Zwei bindungs­basierte, erfahrungs­­­­­­orientierte Ansätze zur Heilung von Bindungs­trauma

We walk each other home.
– Ram Dass

Die Emotionsfokussierte Therapie nach Sue Johnson (EFT) und das NeuroAffective Relational Model (NARM) entwickelt von Laurence Heller sind beide bindungsbasierte und erfahrungsorientierte Methoden zur Heilung von Bindungstrauma. Beide Ansätze helfen Klient*innen, weniger in Überlebensstrategien und reaktivem Bewusstsein verhaftet zu bleiben. NARM unterstützt Klient*innen dabei, mehr in vollem und lebendigem Kontakt mit dem eigenen Selbst zu leben. EFT fördert, sich auf tiefere Verbundenheit und Koregulation mit Bindungsfiguren einzulassen.

Zwischen NARM und der bindungsbasierten EFT gibt es viele Gemeinsamkeiten:

  • Bindungsbasiert: Beide Ansätze orientieren sich an der Bindungstheorie und zielen darauf ab, zentrale Bindungsdilemmata aufzulösen und Bindungswunden zu heilen.
  • Humanistisch: Beide Modelle sind tief in einer humanistischen Grundhaltung verwurzelt, die den Menschen und seine inneren Ressourcen in den Mittelpunkt stellt.
  • Erfahrungsorientiert (experiential): Beide Methoden fördern das unmittelbare Erleben im Hier und Jetzt.
  • Emotions- und körperorientiert: Beide Ansätze legen großen Wert auf die Integration von Emotionen und körperlichen Empfindungen.
  • Nicht-regressiv: Beide Modelle vermeiden regressives Arbeiten und fördern stattdessen ein gegenwärtiges Erleben.
  • Nicht-kathartisch: Weder NARM noch EFT streben emotionale Katharsis als Ziel an; der Fokus liegt auf einer achtsamen, schrittweisen Verarbeitung.
  • Nicht-pathologisierend: Symptome werden als Überlebensstrategien betrachtet und nicht als pathologische Störungen.
  • Willkommenheißen von Blockaden / sich in Blockaden hinein lehnen: Blockaden und Widerstände werden als Teil des Heilungsprozesses gesehen und aktiv erforscht.
  • Arbeiten innerhalb des „Fensters der Toleranz“: Beide Methoden achten darauf, dass die Klient*in innerhalb ihres Fensters der Toleranz bleibt, um Überwältigung zu vermeiden.
  • „NARM sweat – EFT hot seat“: In NARM wird achtsame, geduldige Arbeit oft als „schwitzen“ beschrieben, während EFT den Begriff „heißer Stuhl“ verwendet, wenn Klient*innen tiefe emotionale Prozesse durchleben.
  • Beide Ansätze verwenden ein zyklisches Pacing, das sich in ähnlichen Strukturen zeigt:
    • NARM 1. Säule: Therapeutische Vereinbarung klären ↔ EFT Move 1: Spiegeln des gegenwärtigen Prozesses
    • NARM 2. Säule: Erklärende Fragen stellen ↔ EFT Move 2: Emotionen erkunden und vertiefen
    • NARM 3. Säule: Selbstwirksamkeit stärken ↔ EFT Move 3+4: Begegnungen choreografieren und emotional verarbeiten
    • NARM 4. Säule: Spiegeln psychobiologischer Veränderungen ↔ EFT Move 5: Integrieren, validieren, reflektieren und intensivieren
  • Sowohl NARM als auch EFT sehen Liebesbeziehungen nicht als Problem, sondern als Chance und kraftvollen Kontext für Transformation.

Das Wort „Enactment“ hat in EFT und NARM allerdings unterschiedliche Bedeutungen. In der EFT spielt das Konzept des „Enactments“ (auch „Encounter“ oder „Begegnung“) eine zentrale Rolle, insbesondere in der Phase der Bindungsreparatur und der Neustrukturierung negativer Interaktionsmuster. Es handelt sich dabei um eine gezielte Intervention, bei der Klient*innen ermutigt werden, ihre verletzlichen Gefühle, Bedürfnisse oder Wünsche direkt gegenüber einer (imaginierten) Bindungsfigur auszudrücken. Die Verarbeitung der Reaktion des Gegenübers ermöglicht korrigierende emotionale Erfahrungen.
In NARM beschreibt „Enactment“ die Reinszenierung früh entstandener, oft traumatisch geprägter Beziehungsmuster innerhalb der aktuellen therapeutischen Beziehung. Diese Enactments spiegeln die Überlebensstrategien der Klient*in wider, die in der Kindheit entwickelt wurden, um mit Bindungsverletzungen oder Entwicklungstrauma umzugehen. In NARM werden Enactments als wertvolle Gelegenheiten gesehen, um tief verwurzelte Überlebensstrategien und Beziehungsmuster bewusst zu machen und zu transformieren. Der achtsame Umgang mit diesen Dynamiken unterstützt die Klient*in dabei, eine neue, gesündere Beziehung zu sich selbst und anderen aufzubauen – basierend auf Selbstwirksamkeit, innerer Stabilität und Neugier.

NARM und EFT öffnen einen sicheren therapeutischen Raum für die Klient*in, in dem – oft zum ersten Mal – die Möglichkeit für ein Leben entsteht:

  • in vollem, lebendigem Kontakt mit dem Selbst (primärer Fokus von NARM) und
  • in sicheren, lebendigen Beziehungen zu anderen (primärer Fokus der EFT).

Der Unterschied im primären Fokus zeigt sich auch in der therapeutischen Haltung:

  • In NARM sieht sich die Therapeut*in als einfühlsame, gleichwertige Partner*in, die die Klient*in begleitet. Die therapeutische Beziehung schafft einen sicheren, koregulierenden Raum, der auf Selbstwirksamkeit (agency) und unnachgiebiger Neugier basiert. Die Therapeut*in achtet dabei darauf, ob sie anfängt, mit den Überlebensstrategien der Klient*in zu kolludieren, woraus eine Reinszenierung des Bindungstraumas entstehen könnte. Dies könnte z. B. passieren, wenn:
    • das Mitgefühl der Therapeut*in in unregulierte Empathie entartet,
    • sie die Klient*in objektiviert,
    • die Emotionen der Klient*in negiert,
    • oder die Klient*in in eine bestimmte Richtung drängt.
  • In EFT wird die therapeutische Beziehung als sicherer Hafen für die Klient*in betrachtet. Sie basiert auf den Prinzipien der Bindungstheorie, die davon ausgeht, dass Menschen eine tiefe, angeborene Sehnsucht nach emotionaler Verbundenheit und Sicherheit in Beziehungen haben. Durch Koregulation hilft die Therapeut*in der Klient*in, intensive emotionale Zustände zu halten und zu verarbeiten, was die Selbstregulation stärkt.
    Durch kontinuierliche empathische Resonanz – in EFT als „unnachgiebiges Mitgefühl“ bezeichnet – schafft die Therapeut*in ein Umfeld, in dem die Klient*in sich sicher genug fühlt, sich auf tiefere emotionale Ebenen einzulassen und sich zu öffnen. Die Therapeut*in stellt gezielte Fragen und gibt achtsame Impulse, die der Klient*in helfen, verletzliche Emotionen zu spüren und auszudrücken. Dadurch wird es der Klient*in ermöglicht, neue, korrigierende Bindungserfahrungen zu machen – sowohl in der therapeutischen Beziehung als auch in engen persönlichen Beziehungen.

Beide Ansätze unterstützen Klient*innen auf ihre eigene Weise dabei:

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