Beeinträch­tigte Beziehung zum eigenen Körper

Bindungstrauma, das häufig in der frühen Kindheit auftritt, kann die Fähigkeit beeinträchtigen, eine tiefe Verbindung zum eigenen Körper aufzubauen. Das Nervensystem von Menschen mit Bindungstrauma verharrt oft in einem Zustand ständiger Alarmbereitschaft, was entweder zu einer chronischen Aktivierung (Hyperarousal) oder zu einem Zustand der Dissoziation (Hypoarousal) führt. Beide Zustände erschweren es den Betroffenen, präsent im Körper zu sein und körperliche Empfindungen wahrzunehmen oder einzuordnen.

Die Polyvagal-Theorie von Stephen Porges bietet eine hilfreiche Perspektive, um zu verstehen, wie das autonome Nervensystem auf Trauma reagiert und wie therapeutische Ansätze die Verbindung zum Körper wiederherstellen können. Die Theorie beschreibt drei primäre Zustände des Nervensystems:

  1. Ventral-vagaler Zustand (Sicherheit und soziale Verbundenheit)
    In diesem Zustand fühlt sich die Person sicher, ruhig und in der Lage, soziale Bindungen einzugehen. Der Körper kann in Ruhe wahrgenommen werden, und es besteht ein Gefühl von Präsenz und Geerdet-Sein.
  2. Sympathische Aktivierung (Kampf- oder Fluchtreaktion)
    Dieser Zustand ist durch hohe Aktivierung und Stress gekennzeichnet. Der Fokus liegt auf einer äußeren Bedrohung, wodurch die Wahrnehmung subtiler Körpersignale oft unterdrückt wird.
  3. Dorsovagale Reaktion (Erstarrung/Dissoziation)
    In diesem Zustand der Überwältigung dissoziiert die Person und koppelt sich ab. Das Bewusstsein für körperliche Empfindungen wird stark eingeschränkt.

Zwei bindungsbasierte, erfahrungsorientierte Ansätze: EFT & NARM

Sowohl die bindungsbasierte Emotionsfokussierte Therapie (EFT) als auch das NeuroAffective Relational Model (NARM) verwenden Interventionen, um die Verbindung zum Körper wiederherzustellen:

  1. Koregulation
    In der Therapie wird ein sicherer Raum geschaffen, in dem die Therapeut*in als co-regulierende Präsenz da ist. Dies ermöglicht es dem Nervensystem der Klient*in, sich von einem Zustand der Hyper- oder Hypoaktivierung in den ventral-vagalen Zustand zu bewegen, in dem körperliche Empfindungen wieder zugänglich werden.
  2. Achtsames Spiegeln psychobiologischer Veränderungen
    Das bewusste Spiegeln von Veränderungen in Atmung, Mimik, Körperspannung oder Mikroexpressionen hilft der Klient*in, subtile innere Zustände wahrzunehmen. Dies fördert die Integration von Körperempfindungen und unterstützt eine tiefere Verbindung zum eigenen verkörperten Erleben. Obwohl diese Interventionen im gesamten therapeutischen Prozess angewendet werden, legt NARM in seiner vierten Säule, dem Spiegeln psychobiologischer Veränderungen, besonderen Fokus auf die Reorganisation innerer Zustände.
  3. Sicherheit und Ressourcenarbeit
    Zunächst wird ein Gefühl von Sicherheit hergestellt, bevor tiefere Traumaarbeit angegangen wird. Die Klient*in lernt, den eigenen Körper als Ressource wahrzunehmen und zu nutzen, was zur Wiederherstellung des verkörperten Selbst beiträgt.
  4. Körperbasierte Interventionen
    Techniken wie achtsame Körperwahrnehmung, Atemarbeit und sanfte Bewegung helfen, das Bewusstsein für den Körper zu schärfen. Durch diese Übungen kann die Klient*in lernen, körperliche Empfindungen sicher zu spüren und zu benennen.

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